Unter dem Thema INNEN UND GEGENÜBER wird der Ort selbst in diesem Jahr wieder einmal stärker in den Fokus gerückt. Näher untersucht werden soll dabei die Beziehung von Mensch, Architekturraum und Kunstwerk. Das Mies van der Rohe Haus ist kein gewöhnlicher Ausstellungsraum, seine Architektur bietet dem Menschen und der Kunst durch eine klare Sprache und inszenierte Öffnung des Baus zur Natur ein starkes Gegenüber an. Das Haus selbst funktioniert von sich aus wie eine Bildermaschine. Im Inneren des Baus sieht sich der Mensch mit stetig wechselnden Bildern konfrontiert, die die Architektur aus sich heraus erzeugt. Das geschieht durch Licht- und Schattenspiele, Spiegelungen in den wandgroßen Fensterfassaden und unterschiedliche, sich immer wieder neu generierende Raumkonstellationen. Dazu gehören auch der berühmte Miessche Wechsel von Wand und Öffnung und das Spiel von Innen und Außen. Der Mensch im Inneren wird umfangen von dieser faszinierenden Architektur und reagiert mit seiner leiblichen Erfahrung auf diese räumliche Inszenierung. Die Präsentation von Kunstwerken im Haus erweitert das Wechselspiel von Mensch und Architektur um einen weiteren Wahrnehmungsraum. Mensch, Raum und Kunst stehen so schließlich in einem wechselseitigen Dialog.
Im Jahr 2014 werden vier Einzelausstellungen gezeigt, die sich diesem Thema von INNEN UND GEGENÜBER widmen werden. Veranstaltungen, Führungen, Künstlergespräche und ein Symposium zum Umgang mit den kürzlich in einer Berliner Privatsammlung wieder aufgetauchten Ausstattungsgegenständen mit Spiegel, Garderobe aus der der ehemaligen Diele des Landhauses Lemke ergänzen das Programm. Dieser historische Spiegel und die Garderobe sind damit die einzigen im Haus befindlichen originalen Ausstattungsgegenstände, während die Möbel aus dem Nachlass Lemke in der Sammlung des Kunstgewerbemuseums in Berlin besichtigt werden können. Der Spiegel – als ein Instrument der Wahrnehmung – passt dabei als zufälliger Fund gut zum Jahresthema von INNEN UND GEGENÜBER, denn zwischen Spiegelbild und Gemälde besteht eine Analogie.
9.2.-9.3. 2014
Mit den Photographien von Harf Zimmermann wird der Ausstellungszyklus des Jahres 2014 mit dem Titel „INNEN und GEGENÜBER“ eröffnet. Darin geht es um den Dialog zwischen dem wahrnehmenden Betrachter und dem ihn umgebenden Architekturraum des Mies van der Rohe Hauses. Auf die Ausstellungen im Haus übertragen, geht es um das Erforschen der Wahrnehmung von Kunst im Gegenüber zum gebauten Kunstwerk.
Die Photographien von Harf Zimmermann ermöglichen einen unverstellten Blick auf das Erste und Ursprüngliche im Mies van der Rohe Haus. Sie lassen den Betrachter frei an der Interaktion von Mensch und Raum teilhaben. Vergessen sind zunächst einmal alle anderen Dinge wie der Gebrauch des Hauses, bedeckte Oberflächen oder Farbe.
Harf Zimmermanns Schwarzweißaufnahmen vom Haus machen uns den Architekturraum im Zusammenspiel mit Licht und Natur bewusst. Dabei ist die Photographie dem sachlichen Charakter des Landhauses angemessen. In sanften Graustufen zeigen die Aufnahmen das schlichte und kleine Haus so wie es ist. Harf Zimmermann hat ohne photographische Tricks gearbeitet, die das eingeschossige Haus größer und glanzvoller aussehen lassen könnten. Das erlaubt einen wirklichkeitsnahen Blick auf die Architektur.
16.03.-01.06.2014
Helmut Stromsky (geb. 1941 in Tschechien) wird im Mies van der Rohe Haus als Zeichner und Bildhauer vorgestellt. Zu sehen sind Serien mit streng minimalistischen Schwarzweißzeichnungen und Skulpturen aus Gußeisen. Sein künstlerisches Werk ist allerdings weitaus umfassender. So hat er in Esslingen zusammen mit den Architekten Thomas Ott und Hans Fritzenschaft drei moderne Häuser gebaut, die in der Tradition von Bauhaus und Werkbund stehen. Dafür ist er mit dem Hugo Häring-Preis für Architektur ausgezeichnet worden. Das Werk des heute in Esslingen lebenden Universalkünstlers, Kunstgießers und ausgebildeten Geomorphologen Helmut Stromsky ist auch geprägt durch eine tiefe Kenntnis der Phänomene der Natur.
Als roter Faden durch die Ausstellung im Mies van der Rohe Haus zieht sich das Thema der Horizontlinie. Sie verbindet Betrachter und Kunst mit dem Außenraum und stellt einen Dialog zwischen Nähe und Ferne her. Bei der Ausstellungsinstallation war es für Helmut Stromsky außerdem wichtig, einen inhaltlichen Bezug zu den ursprünglichen Funktionen der Räume des ehemaligen Wohnhauses Lemke herzustellen. So erhält beispielsweise das ehemalige Arbeitszimmer eine Installation aus seriellen Zeichnungen, die mit ihren mal senkrechten, mal waagerechten und schrägen Strichfolgen eine Referenz auf die ehemalige Bibliothek des Hauses darstellen.
8.6.-14.9.2014
Die minimalistisch-konzeptuellen Arbeiten Gerold Millers sind in Farbe und Form bis aufs Äußerste reduziert. Mit radikaler Konsequenz formuliert Gerold Miller in seinen Arbeiten einen neuen Begriff von Bildlichkeit, der über die konventionellen Definitionen hinausgeht. Seine Objekte sind im Grenzbereich von Skulptur, Wandfläche und Raum zu verorten. Sie loten die Übergänge von Innen- und Außenraum aus. Gerold Millers Arbeiten stehen in einem Zwiegespräch mit der Miesschen Architektur von Landhaus Lemke, wo klar definierte Wandflächen den modernen Architekturraum definieren.
Der Bildhauer Gerold Miller hat eigens für die Ausstellung im Mies van der Rohe Haus neue Arbeiten entwickelt. Dazu gehört eine Wandinstallation mit dem Titel „Monoform 2“ für die Hauptwand des Hauses, bestehend aus zwei sechs Meter langen, goldlackierten Aluminiumleisten. „Monoform 2“ betont sowohl die Zweidimensionalität der Fläche als auch die Dreidimensionalität des skulpturalen Raums. Außerdem steht sie farblich und formal in einem Dialog mit einem kleinen, schönen Detail im Haus, dem gold-bronzefarbenen MR-Türdrücker.
Gerold Miller hat sich außerdem bei der Auswahl der Farben für seine Objekte in der Ausstellung „Mies van der Rohe“ von den natürlichen Farben im Außenraum (Grün/Wiese und Blau/Himmel) anregen lassen. Durch die wandgroßen Fensterfassaden des Hauses besteht ein ständiger Dialog zwischen dem Innen und dem Außen, zwischen Kultur und Natur. Auf die Farben des Ortes antworten Gerold Millers lackierte, hochglänzende und neonfarbige Objekte mit einer nahezu immateriellen Präsenz.
21.9.2014 - 11.1.2015
Der Konzeptkünstler Michael Wesely (geb. 1963) analysiert in seinen Arbeiten die Wesensbestandteile und Grundelemente der Fotografie. Mittels selbstgebauter Apparate realisiert Michael Wesely nie gesehene Bildwelten, die den menschlichen Begriff von Zeit und Raum überschreiten. Internationale Bekanntheit erlangte der Künstler vor allem mit seinen extremen Langzeitbelichtungen von bis zu drei Jahren. Unter anderem hat Michael Wesely so die Neugestaltung des Potsdamer Platzes in Berlin und auch den Umbau des Museum of Modern Art in New York dokumentiert.
Im Mies van der Rohe Haus wird das Ergebnis einer fotografischen Langzeitbelichtung vorgestellt, die der Künstler anlässlich des 80 jährigen Jubiläums des Hauses eingerichtet hatte (2.6.2013 - 2.6.2014). Dazu montierte Michael Wesely für ein Jahr zwei Kameras mit jeweils einer permanent geöffneten Linse sowohl im als auch am Mies van der Rohe Haus: Die Kamera im Haus wurde auf der Augenhöhe des ehemaligen Bauherren Karl Lemke installiert und die zweite Kamera an der Außenfassade unterhalb der Dachkante. Beide Kameras waren für ein Jahr auf den Innenhof und das Gegenüber der Natur mit Garten, Obersee und Park gerichtet. Sie haben alles maschinell aufgezeichnet, was in dieser Zeit in Haus und Garten geschehen ist.
Die zwei verschiedenen Kameraaufzeichnungen hat der Konzeptkünstler am Ende des Projektes zu einem einzigen Bild vereint, das jetzt in der Ausstellung im Mies van der Rohe Haus zu sehen ist. Um den Charakter der Miesschen Collage- und Montagetechnik aufzugreifen, vergrößerte Michael Wesely das Bild auf Wandgröße, so dass es wie eine Wandscheibe erscheint, die in den Raum gestellt wurde. Zudem wurde das Bildmotiv von dem Ausblick spiegelverkehrt installiert, um das Innen mit dem Gegenüber in eine neue Beziehung zu setzen. Der Betrachter wird so daran erinnert, dass man die Miesschen Räume immer auf einzigartige Weise erleben kann. Stets erlebt man im Inneren die Veränderung der Natur im Außen. Doch das Sein im Mieschen Raum ruht.
Auch diese Arbeit von Michael Wesely setzt sich mit dem Thema Raum und Zeit, Monument und Zeitlichkeit auseinander. Das sind Dimensionen, die die Höhen und Tiefen des alltäglichen Umgangs mit dem Monument relativieren. Deshalb hat der Künstler diesem großen romantischen Epos eine weitere Arbeit zur Seite gestellt. Diese zeigt das Büro des Hauses und die zwei Mitarbeiter in Aktion, die das Monument für eine gewisse Zeit begleiten, es schützen und pflegen.
27.09.2014 – 01.05.2015
Das japanische Künstler-, Architekten- und Designerpaar Fumiaki und Mami Maruoka Nagashima erstellen für den Garten des Mies van der Rohe Hauses ein kleines Teehaus in einem zeitgenössichen Design. Fumiaki Nagashima und Mami Maruoka Nagashima firmieren unter den Namen MoNo. Sie sind in Yokohama ansässig.
Mit dem „Invisible Tea House“ möchten MoNo „Vergangenheit und Zukunft“ und „Westen und Osten“ miteinander verbinden. Ihr Projekt für den Garten des Mies van der Rohe Hauses ist als Reminiszenz an Mies zu verstehen, der Architektur und Garten in einzigartiger Weise zu verbinden wusste. Das Teehaus ist auf dem Grundraster von zwei Tatami Matten aufgebaut. Wirkt es von außen recht klein, entfaltet es im Inneren eine Atmosphäre von offener Transzendenz, auch hier entsteht ein Wechselspiel ohne Gegensätze von „Außen und Innen“.
Viele der filigranen Werke des Künstlerpaares sind in historischer Architektur installiert, treten in ein Wechselspiel zu ihr und erweitern deren Raum. Die dominierende Farbe ist weiß, auch transparente Stoffe und Lichter werden mit eingebunden. Die Wirkung ihrer Arbeiten lassen die japanische Ästhetik durchscheinen; über jedem Werk schwebt eine Art von Vergänglichkeit, aber auch Heiterkeit und eine Spur von Geheimnis.
MoNo agiert in unterschiedlichen Gebieten wie Architektur, Design, Installation und Videoarbeiten, ein wesentliches Merkmal ist die Grenzüberschreitung der einzelnen Bereiche. Ihre Werke sind ebenso über Japans Grenzen hinaus international bekannt. Mit dem „Invisible Tea House“ im Mies van der Rohe Haus wird nun auch erstmals in Berlin eine Arbeit des Künstlerpaares gezeigt.