2008

2008 . REFLEXIONEN

Kuratorisches Konzept

Das prüfende und vergleichende Nachdenken über Kunst und Architektur, dass in den Ausstellungen und Veranstaltungen des Mies van der Rohe Hauses von 2008 zum Thema gemacht wird, ist der Ausgangspunkt der diesjährigen Themenreihe „Reflexionen“.

Die Architektur des 1932 von Ludwig Mies van der Rohe für den Druckereibesitzer, Karl Lemke, entworfenen Wohnhauses unterstützt das Programm, indem es selbst wie eine Reflexionsmaschine wirkt: Durch die Architektur wird die Wahrnehmung gefördert. Wandgroße Fensterflächen öffnen den Raum und ermöglichen so ein permanentes Erleben der Natur. Der Besucher des Hauses wird in eine Beziehung zur Natur gesetzt. Ihm wird ein Denk- und Erfahrungshorizont angeboten. Aber auch die Natur, spiegelt sich als Bild innen in den Fensterfassaden wieder. Außen und Innen treffen so visuell aufeinander. Das sich verändernde Tageslicht und die Jahreszeiten werden stärker wahrgenommen. Außerdem schafft die Architektur Distanz und Nähe zugleich, indem ein Hin- und Herwandern zwischen Nähe und Ferne bzw. Architektur und Natur ermöglicht wird. Die geringe Raumtiefe der Wohnräume, drängt die Wahrnehmung wie von selbst nach außen. Auf diese Weise des streifenden Blickes in die Nähe auf das Detail und Ferne wird das Gebäude selbst zum Gegenstand der Betrachtung und Kontemplation. Dieses an sich zweckfreie Betrachten erzeugt eine geistige Freiheit vom Alltag und so Freiheit zur Kontemplation, indem der ideale Naturraum ganz von anderen Funktionen entlastet wird und nur als Raum der Reflexion dargeboten wird.

Ausstellungen

BOB BONIES . BAU-KUNST-BILD

1.2.-6.4.2008

Die Ausstellung von Bob Bonies eröffnet gleichzeitig die neue Themenreihe „REFLEXIONEN“. Von der Architektur Mies van der Rohes ausgehend nimmt das Ausstellungsprogramm des Hauses Bezug auf die Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts, die zu einer reduzierten und konzentrierten Ausdruckweise gefunden haben. Auch Mies van der Rohe war von der künstlerischen Avantgarde der zwanziger Jahre in Berlin geprägt, insbesondere aber vom ästhetischen Programm des De Stjil.

Ganz in diesem Sinne präsentiert nun das Mies van der Rohe Haus die Ausstellung des
niederländischen Künstlers Bob Bonies (geb.1937 in Den Haag). Bob Bonies erforscht das Bild mit wenigen Mitteln und konzentriert sich dabei auf das bildnerisch Notwendigste: Der Künstler arbeitet mit den Primärfarben Rot, Blau, Gelb und der Sekundärfarbe Grün sowie mit Weiß. Als Formen verwendet er ausschließlich Quadrat, Rechteck und Kreis.

Bob Bonies arbeitet nicht nur als freier Künstler, sondern auch in der Kunstpädagogik (Direktor der Vrije Academie in Den Haag), im dem Bereich von Kunst am Bau und im Design.
Die Ausstellung wurde von der Botschaft des Königreichs der Niederlande unterstützt.

ULRICH ERBEN . 2+8

12.4.-29.6.2008 

Das Werk von Ulrich Erben ist sowohl konsequent als auch poetisch. Erbens Malerei lässt ein besonders feines Gespür für Farbe erkennen. Mit seinen Weißen Bildern ist Ulrich Erben Anfang der siebziger Jahre bekannt geworden. Ein Gemälde dieser Werkphase ist in der Ausstellung zu sehen.

„Neben dem Sichtbaren ist das Erinnerte und das Imaginierte der Stoff, aus dem die Bilder sind. Farben wecken wie Töne oder Gerüche Erinnerungen an bestimmte Augenblicke im Leben. Die Farbe einer Wand oder eines Feldes kann uns berühren wie der Klang einer Stimme, wie Worte, die wir nie vergessen.“ (Erben, 2006)

Ulrich Erben wurde 1940 in Düsseldorf geboren.Von 1958-65 studierte er an den Akademien in Hamburg, Urbino, Venedig, München und Berlin. 1977 nahm Erben an der Dokumenta VI teil.1980-2005 lehrte Ulrich Erben an der Kunstakademie Münster. Seit 1992 ist er Mitglied der Akademie der Künste, Berlin. Ulrich Erben lebt und arbeitet in Düsseldorf.

Zur Ausstellung ist eigens ein Katalog mit einem Text von Dr. Jürgen Schilling erschienen. Er ist für 10 Euro im Mies van der Rohe Haus erhältlich.

KLAUS SCHMITT . 7

5.7.-21.9.2008

Wie schon Tradition im Mies van der Rohe Haus, wurde die Ausstellung eigens für den besonderen Architekturraum entworfen. Die in der Architektur von Mies van der Rohe fehlende Zahl 7 nimmt Schmitt zum Anlass für seine Ausstellungskonzeption. Klaus Schmitts Arbeiten vereinen das geplante Vorgehen mit dem Zufall, dadurch erhalten sie eine starke Präsenz. Der Künstler arbeitet als Bildhauer, Grafiker und Maler.

Klaus Schmitt (geb. 1955) studierte an der RWTH Aachen Katholische Theologie, Erziehungs-wissenschaften und Kunst. Von 1977 bis 1983 studierte Klaus Schmitt an der Kunstakademie in Düsseldorf und war dort Meisterschüler in der Meisterklasse von Günther Uecker. 1982 erhielt er das P.S. 1 Stipendium, verbunden mit einem sechsmonatigen Atelieraufenthalt in New York. 1995 hielt KLaus Schmitt sich zwei Monate mit dem Projekt Transfer 3 in Italien auf. Klaus Schmitt lebt und arbeitet in Mönchengladbach.

JÖRG BÜRKLE . RECHERCHEN

27.9.-7.12.2008

Im Mies van der Rohe Haus, werden die Kunstausstellungen von je her sorgfältig ausgewählt. Es wird Kunst vorgestellt, die es mit Mies’ Qualität aufnehmen kann, die es vermag, mit der Architektur in einen Dialog zu treten und die eine entsprechende Präsenz im Hinblick auf Proportionen und Material aufweist.

In der angekündigten Ausstellung werden monochrome Malerei, Kohlzeichnungen und Tuschmalerei vorgestellt. Diese Arbeiten des Künstlers sind gleichzeitig auch als eine „Recherche“ nach „Fragen zum noch nicht objektivierten Denken“, so Bürkle, gedacht. Der Künstler untersucht dies in methodisch getrennten Bildgruppen:

Bürkles Malerei schafft mit pulsierenden Farbräumen eine direkte Ansprache zum Betrachter. Als Beispiel sei hier auf die ausgestellte Arbeit „Vokativ“ hingewiesen, bei der der Eindruck entsteht, dass sich die Farbflächen direkt auf den Betrachter zubewegen.

Die Zeichnung beschreibt Bürkle als „analytischen Arbeitsprozess“, bei dem eingeriebene Kohle wiederum schichtweise abgetragen wird. Dadurch sollen Arbeitsabläufe sowie Übergänge zwischen den Schichten offengelegt werden.

Bürkles Tuschmalerei, die Raum und Zeit zum Thema hat, zeigt bewegt aufgetragene Schichtungen schwarzer Tusche. Angeregt wurde der Künstler durch die traditionelle chinesische Tuschmalerei der Song-Periode (960-1279), die sich mit den Bedingungen der Wahrnehmung befasst.

Ausstellung im Garten

FRANCIS ZEISCHEGG . ABLEGER

22.4.-31.10.2008

 Seit nunmehr vier Jahren veranstaltet das Mies van der Rohe Haus mit eigens dafür eingeladenen  Künstlern oder Landschaftsarchitekten künstlerisch-botanische Installationen im ehemaligen Wirtschaftsgarten des 1932/33 von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Hauses. Dabei soll das Thema des historischen Gartenbereiches aufgenommen werden. Der für die Kunst zur Verfügung gestellte Gartenbereich hat eine Grundfläche von 60 Quadratmetern.

Die Berliner Konzept-Künstlerin Francis Zeischegg (geb.1956) bezieht sich in ihrem Projekt auf das traditionelle Modul eines Bauerngartens und auf die Darstellung des nordwestpersischen „Gartenteppichs“ (um 1800) der im Sommer 2007 auf der Dokumenta XII gezeigt wurde. „Ableger“ ist zudem eine partizipatorische Aktion, bei der Francis Zeischegg 18 weitere Gartenfreunde beteiligte. Aus den Vorschlägen der Gartenfreunde zu ihren Lieblingspflanzen und Pflanzmustern ermittelte die Künstlerin ein Pflanzornament für den Garten des Mies van der Rohe Hauses.

„Ableger“ wurde von Bettina Güldner kuratiert. Die Installation entstand in Zusammenarbeit mit dem Berliner Landschaftsarchitekten Bernd Kusserow.